Ein besonderes Erntedankfest (2016)
Restaurierung der Matthäusfiguren
Zwar ist das Erntedankfest bei uns in St. Matthäus jedes Jahr etwas Außergewöhnliches: Vor dem Altar leuchten und duften die von den Landwirten in Großreuth in Hülle und Fülle gespendeten Erntedankfrüchte. Sinnlich regen diese zum Nachdenken an, was Jahr gelungen ist und wofür wir Gott danken können. Viele Erwachsene, Jugendliche und Kinder nehmen am Gottesdienst teil und im Anschluss findet im Hof und im Gemeindehaus unser Gemeindefest statt.
Doch dieses Jahr hatte das Erntedankfest noch einmal einen ganz besonderen Charakter. Das lag an dem hohen Besuch, der aus der Vergangenheit angereist kam: Maria, Johannes, Matthäus und der „gute Hirte“.
Im Jahr 1890 wurden diese vier aus Holz geschnitzten Figuren zusammen mit der alten St. Matthäuskirche eingeweiht. Maria und Johannes standen links und rechts des Kreuzes als Teil des Altars. Matthäus befand sich als Büste darunter. Jesus, der gute Hirte, ragte über dem Schalldeckel der Kanzel auf.
Vieles haben die vier erlebt und mitgemacht. Schönes und Gutes, aber auch Trauriges und Schreckliches. Sie begleiteten die Generationen vor uns in St. Matthäus durch die Zeiten hindurch. Sie hörten Lob und Dank in den Gottesdiensten, aber auch Klage und Not. So waren sie dabei, als in Europa die Lichter ausgingen, als Hass und Krieg die Oberhand gewonnen hatten, als unsagbares Leid und Zerstörung von unserem Land ausging und in unser Land zurückkehrte.
Die Schrecken des Krieges machten auch vor unserer Kirchengemeinde nicht halt. Denn als Nürnberg am 2. Januar 1945 bombardiert wurde, erlitt auch die Matthäuskirche schwere Treffer und wurde völlig zerstört. Maria, Johannes, Matthäus und der gute Hirte wurden vermutlich unter den Trümmern begraben. Doch wie durch ein Wunder entgingen sie der völligen Zerstörung: Fleißige Hände haben sie aus den Trümmern gezogen und geborgen.
Danach allerdings verschwanden sie für lange Zeit und gerieten in Vergessenheit. Bis zu dem Tag, als sie uns vor vier Jahren zurückgegeben wurden. Jemand hatte sie durch Zufall wiederentdeckt und mit unserer Gemeinde in Verbindung gebracht. Dazu kam noch ein Kruzifix, das aus der alten Notkirche stammt, die nach dem Krieg für viele Jahre als Gotteshaus diente.
Da es aus der Vergangenheit unserer Kirchengemeinde aufgrund der massiven Zerstörungen nicht viele Erinnerungsstücke gibt, beschloss der Kirchenvorstand, die Figuren zu restaurieren bzw. zu konservieren und gut sichtbar anzubringen. So hängen sie nun nach über siebzig Jahren wieder in ihrer alten Matthäusgemeinde, jedoch in einer neuen Matthäuskirche, die auf dem Platz der alten Kirche steht.
Dabei sind sie nicht einfach nur historische Zeugen einer längst vergangenen Zeit. Sie sind vielmehr Zeugen, die klar und deutlich sprechen. Denn zeugen sie uns von der Treue Gottes. Sie erzählen uns davon, dass Gott uns Menschen nicht verlässt, trotz aller Schuld und allen Leids. Sie halten uns vor Augen, dass Gottes Güte kein Ende kennt und dass wir es seinem Erbarmen und seinem Segen verdanken, dass unsere Gemeinde, unsere Stadt und unser Land nach dem Krieg wieder aufblühten. Sie erinnern uns daran, dass wir seit über siebzig Jahren in Frieden leben dürfen und mahnen uns, diesen Frieden nicht durch neuen Hass und neue Gewalt auf das Spiel zu setzen. Die alten Matthäusfiguren – sie rufen uns zu, dankbar zu sein, und sie machen uns Mut, auch in Zukunft auf Gott zu trauen. In der Eingangshalle unserer Kirche haben sie einen würdigen Platz dafür gefunden.
Viele Menschen haben für die Anbringung der Figuren gespendet. Fast 9.000 Euro wurden uns aus der Gemeinde gegeben, damit die Figuren wieder ihren Platz hier finden können. Noch einmal 3.000 Euro hat uns die Landeskirche zugesagt. Dafür sagen wir Danke: Ihnen und allen, die Sie gespendet haben. Und durch Ihre Gaben sagen wir Gott Dank, der all dies auf wunderbare Weise möglich gemacht hat.