Gedanken zum Lied „Eine feste Burg ist unser Gott“ von Martin Luther
„Ein feste Burg ist unser Gott“ – dieses Lied hat trotz manch missbräuchlicher Verwendung eine große Symbolkraft für den protestantischen Glauben.
Erzählt bzw. singt es doch von der Widerständigkeit christlichen Glaubens und gibt zugleich einen Einblick in Luthers Denken und Leben. Anlässlich des Reformationsjubiläums soll es deshalb im Mittelpunkt dieses Beitrags stehen.
Martin Luther hat es vermutlich im Jahr 1527 geschrieben. Er durchlebte gerade eine Zeit persönlicher Krisen und Herausforderungen. Wo findet man Halt in schweren Zeiten? Wer gibt Sicherheit inmitten großer Herausforderungen?
Martin Luther gibt mit diesem Lied eine Antwort auf diese Fragen.
Ein feste Burg ist unser Gott, ein gute Wehr und Waffen.
Er hilft uns frei aus aller Not, die uns jetzt hat betroffen.
Der alt böse Feind mit Ernst er’s jetzt meint,
groß Macht und viel List sein grausam Rüstung ist,
auf Erd ist nicht seinsgleichen.
Auf der Wartburg findet Martin Luther Schutz und Sicherheit das Leben nach dem Reichstag von Worms. Nur verständlich, dass eine Burg für ihn zum Zeichen für den Schutz wurde, den Gott schenkt: Ein feste Burg ist unser Gott. Nur Gott – so Luther, kann Halt und Sicherheit, Schutz und Zuflucht schenken, und das ohne Wenn und Aber, ohne Bedingungen, ohne Vorleistung. Gott an der Seite zu haben, das heißt aber nicht, dass Christen im Leben frei von Sorgen oder Problemen sind.
Die zweite Strophe greift das auf:
Mit unsrer Macht ist nichts getan, wir sind gar bald verloren;
es streit’ für uns der rechte Mann, den Gott hat selbst erkoren.
Fragst du, wer der ist? Er heißt Jesus Christ, der Herr Zebaoth,
und ist kein andrer Gott, das Feld muss er behalten.
Mit unsrer Macht is nichts getan, Wir sind gar bald verloren – dichtet Luther. Stimmt, das ist auch meine Erfahrung. Wie oft mühe ich mich ab und komme doch nicht zu dem Erfolg. Wie schnell mache ich die Erfahrung, dass ich hilflos zusehen muss, wenn das Leben aus dem Ruder läuft. Aber – so Luther – Jesus Christus streitet für uns. Er tritt für uns ein und steht uns zur Seite.
Wie aber sieht Gottes „Streiten“ in Jesus Christus für uns aus? Gott geht in Jesus Christus den Weg an das Kreuz. Er leidet für uns. Er stirbt für uns und nimmt alles auf sich, was uns von ihm trennt und steht für uns ein. Mag das Kreuz wie eine Niederlage aussehen –der Glaube erkennt, dass hier der Sieg errungen wurde. Der hin zu Gott frei wurde. Umgekehrt bedeutet das aber auch: Wenn Jesus Christus, den wir als unseren Herrn bekennen, diesen schweren Weg gegangen ist, dann können wir im Leben nicht nur paradiesische Zustände vorfinden wollen. Dann bleibt uns so manches nicht erspart. Doch dürfen wir fest darauf vertrauen, dass Gott gerade in den schweren Zeiten nicht von uns lässt, sondern an unserer Seite ist. Wir nicht tiefer fallen können als in seine Hand.
Trotzdem kann es Zeiten geben, in denen Gott sehr fern erscheint und kein Licht mehr am Ende des Tunnels zu sehen ist. Situationen, die einem das Gefühl geben, dass sprichwörtlich „der Teufel los ist“.
Dieses Gefühl kannte auch Luther nur zu gut und geht in der dritten Strophe darauf ein:
Und wenn die Welt voll Teufel wär und wollt uns gar verschlingen,
so fürchten wir uns nicht so sehr, es soll uns doch gelingen.
Der Fürst dieser Welt, wie sau’r er sich stellt,
tut er uns doch nicht; das macht, er ist gericht’:
ein Wörtlein kann ihn fällen.
Gerade wenn die „Welt voll Teufel wär“, gerade dann ist es nach Luther wichtig, sich immer wieder selbst zu sagen: Keine Angst. Das Böse ist besiegt und hat seine Macht verloren. Christus trägt den Sieg davon und hat das letzte Wort. Dieses „letzte“ Wort aber findet sich in der Bibel, in den vielen Zusagen Gottes, auf die wir uns in unserem Leben berufen dürfen. Die uns Halt und Sicherheit geben, wenn wir sie nur wahrnehmen und auf unser Leben wirken lassen.
Um dieses Vertrauen auf Gott und sich bei ihm in Sicherheit wissen geht es in der vierten und letzten Strophe.
Das Wort sie sollen lassen stahn und kein’ Dank dazu haben;
er ist bei uns wohl auf dem Plan mit seinem Geist und Gaben.
Nehmen sie den Leib, Gut, Ehr, Kind und Weib:
lass fahren dahin, sie haben’s kein’ Gewinn,
das Reich muss uns doch bleiben.
Gott – so Martin Luther – ist auf dem Plan, auch wenn wir das nicht immer sehen oder erfahren. Das sollte uns auch nicht beunruhigen, denn das Kreuz Jesu Christi sagt uns ja: Wenn manches anders gelaufen ist in unserem Leben, als wir es geplant haben – Gott ist mit seinem Plan mit uns noch lange nicht am Ende. Und das, was nicht in unserem Plan lag, das hat in Gottes Plan gelegen. In diesem Glauben hat Martin Luther gelebt. Dieses Vertrauen auf Gott hat ihm geholfen, auf den Höhen und durch die Tiefen des Lebens.
Stellt sich die Frage, woher Luther diesen starken Glauben nahm. Gleich zu Beginn der vierten Strophe klingt es an: Gottes Wort schenkt und weckt diesen Glauben, weil Gottes Geist darin zu uns spricht. Deshalb ist es so wichtig, dass wir Gottes Wort Raum geben, wir es hören und lesen, uns damit beschäftigen, danach fragen. Zum Beispiel im Gottesdienst, bei einer Gemeindeveranstaltung, oder zu Hause.
Gottes Wort aber drückt sich in Gesetz und Evangelium aus, in Forderung und Vergebung, Anklage und Freispruch. Beides hören wir, wenn wir es lesen. Das Gesetz, das uns einen Spiegel vor Augen hält, der uns auch die Stellen zeigt, die wir nicht so gerne sehen, der unsere Schwächen und Fehler aufdeckt. Auf der anderen Seite fängt genau hier der Weg an, auf dem Gott selbst uns entgegenkommt, auf dem das Evangelium aufleuchtet: Gott kommt uns gerade nicht als Richter, sondern als gnädiger und barmherziger Gott entgegen, der uns umsonst freispricht und aus freien Stücken vergibt. Aus Glauben werden wir gerechtfertigt und dürfen ein neues Leben führen. Deshalb soll Gottes Wort stehen bleiben, weil es so wichtig ist und unser Glaube dran hängt. Gerade wenn uns mal wieder der Boden unter den Füßen weggezogen wird. Denn unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.
„Ein feste Burg ist unser Gott“ – ein altes Lied in einer alten Sprache, das aber inhaltlich nicht an Bedeutung verloren hat und uns auch heute Mut zum Glauben machen kann.
Ihr Jochen Nentel